am Donaudelta
Flussarm im ukrainischen Donaudelta bei Vylkove


Stille Tage in der Ukraine

Um in die Ukraine zu gelangen, nutzten wir den im Süden Moldawiens gelegenen Grenzübergang bei Bolhrad. Wir waren die einzigen abzufertigenden Reisenden, was zur Folge hatte, daß sich die gesamte Belegschaft auf ukrainischer Seite mit uns beschäftigen wollte. Natürlich stand das Auto wieder einmal im Mittelpunkt des Interesses. Den Verdacht, ein gestohlenes Fahrzeug ins Land schmuggeln zu wollen, konnten wir letztlich doch plausibel entkräften und machten uns schleunigst auf den Weg, um weiteren zeitraubenden Nachfragen zu entgehen, bis wir nach einer halben Fahrstunde gewahr wurden, daß wir ja gar keine Zollerklärung hatten, weder für das Auto noch für uns selbst. Also umdrehen und zurück! Bis zum kleinen Abfertigungsgebäude wurden wir erst gar nicht vorgelassen. Schon der erste Posten signalisierte uns, daß keine Zollpapiere mehr notwendig seien. Beruhigt konnten wir also der späteren Ausreise entgegensehen.

In der kleinen Provinzstadt Izmajil, die man auch direkt von Rumänien aus über Galati und Reni erreichen kann, wechselten wir Geld und versorgten uns mit Obst und Diesel. Die Stadt machte einen sehr lebhaften, bunten Eindruck. Zum ersten Mal auf dieser Tour sahen wir die kleinen Anhänger, die dem Verkauf von Kwas, einem Erfrischungsgetränk, dienten, so wie überall in der ehemaligen Sowjetunion.


Kwas
Durst wird mit Kwas gestillt, nicht mit Cola!


Ismail
Strassenverkauf in Ismail



Was wäre Izmajil ohne seinen Bazar? Wie in Chisinau ist hier alles zu haben. Die Menschen drängen sich in den engen Durchgängen, dennoch sind nur wenige Käufer an den Ständen und Buden zu sehen.


Gebinde
Auch Kranzgebinde aller Art sind im Bazar erhältlich



Als nächstes stand ein Besuch des Donaudeltas bei Vylkove auf dem Programm. Die Gegend erwies sich als äußerst ursprünglich, im Gegensatz zum Delta auf rumänischer Seite, wo schon eifrig in touristische Infrastruktur investiert wurde.

Bei Zatoka, südwestlich von Odessa, sieht das schon anders aus. Unzählige Häußchen und Ferienhütten verschandeln den Strand, der bei unserer letzten Reise noch ziemlich unberührt schien. Gegen einen kleinen Obolus wurde uns erlaubt, direkt am weiten Sandstrand zu stehen und zu übernachten.

Ein Kurzbesuch galt der Hafenstadt Illicivsk. Hier besteht die Möglichkeit, mit der Fähre Poti (Georgien) oder Istanbul zu erreichen. Der Fährhafen, wie die Stadt selbst, macht einen sehr gepflegten Eindruck. Dennoch waren wir froh, auf der Landstraße im Auto weiterreisen zu können. Bis zu unserem eigentlichen Reiseziel in der Ukraine, Odessa, war es nicht mehr weit.

Odessa hatten wir vor einigen Jahren bereits besucht und waren vom Charme dieser Stadt beeindruckt. Nur hatten wir es damals nicht geschafft, der Stadt und ihren Sehenswürdigkeiten eine angemessene Zeit zu widmen. Das sollte jetzt bei diesem Besuch nachgeholt werden!

Doch auch diesmal kam es dazu nicht! Das Malheur begann schon damit, daß wir Stunden auf der Suche nach dem Campingplatz verbrachten, der am nördlichen Ortsausgang liegen sollte und dessen Existenz uns immer wieder von allen möglichen Leuten bestätigt wurde. Nur: an den angegebenen Orten war von einem Campingplatz nie etwas zu sehen. So gaben wir auf und machten uns auf die Suche nach einem bestimmten Hotel. Dieses zu finden erwies sich ebenfalls als unmöglich. Die Stadt war einfach zu groß und unübersichtlich und ein undurchsichtiges System von Einbahnstraßen führte uns ständig in die Irre. Was blieb also anderes übrig, als uns von einem Taxi zum Hotel Junost lotsen zu lassen. Es zeigte sich, daß diese Aufgabe auch für den Taxifahrer nicht so einfach zu lösen war und so erreichten wir erst nach fast einer Stunde das Hotel! Zum Glück ergatterten wir noch eines der letzten Zimmer, da bereits fast alles anläßlich eines internationalen Sportereignisses ausgebucht war. Entsprechend hoch war der Preis, das Zimmer dafür winzig, aber immerhin in der 12. Etage gelegen, mit einem prächtigen Ausblick auf Odessa. Im parkähnlichen Hotelgarten ein gepflegtes Freiluftrestaurant, mit besten russischen Speisen und freundlicher Bedienung.

Das Vorhaben, die gutbürgerliche Altstadt Odessas zu besichtigen, scheiterte kläglich. Das fing schon damit an, daß am internationalen Hotel Junost kein Taxi aufzutreiben war, und in der etwas außerhalb des Stadtkerns befindlichen Umgebung schon gar nicht. Wir nahmen also die Straßenbahn und fuhren soweit in Richtung Stadtzentrum, als es sinnvoll erschien. An einem weitläufigen Platz änderte sich die Fahrtrichtung deutlich, für uns ein Zeichen auszusteigen. Wir hätten in andere Straßenbahnlinien umsteigen können, nur war absolut unklar, wohin diese fuhren. Taxis gab es wiederum nirgendwo. Wie sollten wir also ohne detaillierten Stadtplan unser Ziel, die Altstadt finden? Es war aussichtslos. Was blieb, wären Besuche in den zahlreichen Kaufhäusern gewesen. Der Versuch, dort einen Ersatz für mein gebrochenes Braun-Scherblatt zu finden, scheiterte ebenfalls. Gerade der benötigte Typ war leider nicht auf Lager. Wir nahmen also wieder die Straßenbahn, fuhren zum Hotel und hofften im Hotelrestaurant unseren Frust loszuwerden. Das klappte ganz gut, entschädigte aber nicht für die Unmöglichkeit der Altstadtbesichtigung auch dieses Mal.


Odessa
Odessa: Blick vom Hotel Junost auf seine schattige Parkoase



Nun ging es in Richtung Krim weiter. Meist fanden wir abseits der Landstrassen ruhige Übernachtungsplätze in der Natur, am Rande von Feldwegen oder Hecken. Es ist da immer mit Fußgängern oder Autos zu rechnen, so abgelegen der Platz auch erscheinen mag. Belästigt wird man nie, gegrüßt wird in der Regel aber auch nicht. Sehr selten sind in den Straßenkarten Campingplätze eingezeichnet, noch seltener existieren diese wirklich. Ab und zu hat man doch Glück, so wie wir mit diesem:


Camping Roscha
Campinganlage an der Schwarzmeerküste



Unter 'Campingplätzen' sind allerdings keine Plätze zum Aufstellen von Zelten zu verstehen. Wohnmobile sind Exoten, für die es keine Infrastruktur gibt. LandCruiser sind jedoch gerne gesehen, da sie nur wenig Platz wegnehmen und doch reichlich Geld bringen. Camping, das ist Urlaub in bescheidenen Holzhütten, von denen es mehrere Dutzend an jedem Platz gibt, mit je einem riesen Holzkohlegrill davor und einer gemeinschaftlichen, einfachen, aber sauberen sanitären Anlage.

Auf dem Wege von Cherson nach Sevastopol an der Südspitze der Halbinsel Krim ist es nicht ganz einfach, geeignete Übernachtungsplätze zu finden. Entweder ist die Landschaft wie im allergrößten Teil der Krim steppenartig und weithin einsichtig, oder im wie im südlichen Bereich sehr gebirgig und stark bewaldet. Die in den Karten eingezeichneten Campingplätze existieren meist nicht (mehr). Nur hin und wieder ist ein idyllisches Plätzchen zu finden, wie zwischen Aluschta und Sudak oder eine größeren Touristik-Anlage mit allen Annehmlichkeiten und freundlicher Belegschaft wie an dem schmalen Uferstreifen zwischen Saky und Jevratorija, wo wir einige Tage Pause einlegten.

Jalta ist aus geschichlicher Sicht bestimmt einen Besuch wert. Der Blick auf diese Stadt von hoch oben aus dem Küstengebirge ist atemberaubend, der Fremdenverkehrstrubel lädt aber nicht zum Verweilen ein. Wir zogen Sevastopol vor. Eine wunderschöne, gepflegte Stadt mit langer Marine-Tradition. An die Kämpfe gegen die Deutschen und die Gefallenen im 2. Weltkrieg wird an vielen Stellen erinnert. Heute liegen Teile der russischen Flotte gut versteckt nahe der Stadt vor Anker. Besuche von Kriegsschiffen der USA hingegen waren vor einigen Jahren und sind heute noch nicht willkommen und treffen auf heftige Proteste der Bevölkerung.


Grandhotel Sevastopol
Erhalten aus sowjetischen Zeiten: das Grandhotel Sevastopol


Theaterplakat
Theaterplakat am Stadttheater


Treppe
Treppenanlage in Sevastopol



Die Fahrt von Aluschta nach Feododija ist landschaftlich reizvoll und erinnert ein wenig an die Cote d'Azur. Östlich von Feodosija ändert sich das Landschaftsbild gewaltig. Eine öde flache Gegend, in der schlagartig kein Tourismus mehr existiert, erstreckt sich bis Kertsch, von wo aus eine Fähre in kurzer Zeit nach Russland übersetzt.

Wir folgten dem Rat unseres Visabeschaffungsbüros, über diesen Grenzübergang nicht nach Russland einzureisen. Reisende, die wir später in Sotschi trafen, hatten auch tatsächlich mit erheblichen Schikanen auf russischer Seite zu kämpfen. So zogen wir es vor, den Umweg über Dzankoj, Melitopol und Mariopol zu nehmen und bei Novozavodsk nach Russland einzureisen.


am Schwarzmeerstrand
Ruhetage am Schwarzmeerstrand nahe Jevpatoria, an der Westküste der Krim



Und hier geht's weiter nach Russland





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